Geburtsbericht meiner ersten Alleingeburt

im Krankenhaus

Die Zeit verging und ich konnte den Augenblick meiner dritten Geburt kaum erwarten, denn ich wollte nun nach dem vielen Üben und Perfektionieren meine eigene Methode nutzen, um mir meine schönstmögliche Geburt möglich zu machen. Es würde ein Tag werden, an dem sich nicht nur meine Gedanken, sondern auch meine Erfahrung zur Geburt in der Tat verändern würden. Am 03. Mai 2018 verbrachten mein Mann und ich einen schönen Tag mit unseren beiden Jungs in unserem damaligen Heimatort in Deutschland. Wir waren im Dorf spazieren, haben Spielplätze abgeklappert und Gänseblümchen gesammelt, aus denen wir uns bei unserer Abendroutine einen Tee aufgegossen haben.

Wir haben den Tag schön ausklingen lassen, die Jungs beim Einschlafen begleitet und zusammen noch über die bevorstehende Zeit geredet, wie groß doch die Vorfreude auf unsere Tochter war, sie bald in den Armen halten zu können, wie gespannt wir auf die Reaktion unserer beiden Jungs waren, wenn sie sie zum ersten Mal sehen würden und ob wir sie gut auf unser neues Familienmitglied vorbereitet haben.

Nach dem Gespräch entschied ich mich dafür, eher ins Bett zu gehen, denn ich wusste nicht, was heute noch alles passieren würde und ich hatte einfach so ein inneres Gefühl in mir, ich solle doch noch mal Kraft tanken. Immerhin habe ich mir in den letzten Wochen immer wieder visualisiert, dass es irgendwann abends losgehen würde, nachdem unsere Kinder schon eingeschlafen wären. An diesem Abend war einfach dieser Instinkt vorhanden, mich vorbereiten zu müssen. Und tatsächlich, kaum hatte ich zwei Stunden geschlafen, wurde ich von noch unregelmäßigen Kontraktionen geweckt. Es ist faszinierend, wie man allein mit der Macht seiner Gedanken eine Realität erschaffen kann. Faszinierend ist, wie die Vorstellungskraft, d. h. mentale Bilder eines gewünschten Ziels zu erzeugen, sich physiologisch auf das Zellgewebe auswirken kann. Jedenfalls hatte ich dann das Bedürfnis, mich noch mal aufzufrischen und ging duschen, um zu sehen, ob es sich beruhigt. Allerdings wurden die Kontraktionen in der warmen Dusche nur noch intensiver und ich freute mich so sehr, dass es nun endlich losgehen würde. Strahlend verkündete ich die Neuigkeiten meinem Mann und rief auch gleich meinen Vater an und bat ihn, mich abzuholen. Daraufhin machte ich mich fertig, kramte meine bereits vorbereitete Kliniktasche hervor und ging zu meinem Mann. Die Wellen kamen in immer kürzeren Abständen und ich nutzte eine meiner erlernten Entspannungs- und Atemtechniken. Es hat wunderbar funktioniert zu dem Zeitpunkt. Wir verabschiedeten uns, denn er blieb bei unseren schlafenden Kindern, um auf sie aufzupassen. Mein Vater fuhr mich ins Krankenhaus. Ja, richtig gelesen. Krankenhaus. In dasselbe Krankenhaus, in dem ich schon die ersten beiden Geburten so negativ und schmerzhaft erlebt hatte. Doch in meiner dritten Schwangerschaft bemühte ich mich leider zu spät um eine Hausgeburtshebamme und diese hatte keine Kapazitäten mehr frei. Denn wir hatten nur eine Hebamme im Umkreis von 200 km. Eine Alleingeburt zu Hause hatte ich zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht in Erwägung gezogen. Dieser Gedanke kam mir erst bei meiner vierten Schwangerschaft (dazu mehr im nächsten Geburtsbericht). Aber ich war gut vorbereitet mit meiner Methode und gewappnet mit meinem selbst erstellten Geburtsplan für das Krankenhauspersonal. Die Hebamme, die in dieser Nacht Dienst hatte, kannte mich zu dem Zeitpunkt schon sehr gut und wusste über meine Pläne Bescheid. Sie versprach mir, sich so gut es geht an meinen Plan zu halten und auch den Gynäkologen von mir fernzuhalten, damit ich meine geplante Alleingeburt ohne Anwesenheit von anderen erleben könnte. Vom Krankenhaus selbst kam erst noch Gegenwind, ich musste für die Bürokratie viel Papierkram unterschreiben, dass ich für alles, was geschieht, die alleinige Verantwortung übernehme. Aber das war es mir wert, denn ich wusste inzwischen, was möglich war. Ich war so voller Selbstbewusstsein, im Vertrauen in mich, meinen Körper und meinen Schöpfer, der mich durch diese Reise sicher begleiten würde. Auf jeden Fall wollte ich vermeiden, dass Fremde wieder für mich geringwertige Entscheidungen treffen, wenn ich doch für mich selbst bessere Entscheidungen treffen kann. Dass eine Geburt schrecklich sein kann, wissen wir alle, dass sie aber auch schön sein kann, ist fast ein Geheimnis. Diese Nacht würde mir die Tür öffnen, über mich selbst hinauszuwachsen. Denn ich habe schon in meiner Schwangerschaft erkannt, dass das Leben bedeutungsvoller wird, wenn man erkennt, dass man nie zweimal denselben Moment erleben wird. Also wollte ich es schön werden lassen, weil meine Tochter eben nur einmal geboren werden würde. Als schlussendlich alle weg waren, konnte ich mich nun wieder voll und ganz meinem Geburtsprozess widmen, was mir vorher nicht möglich gewesen war, weil ich aus meiner inneren Ruhe gerissen wurde seitens des Personals und somit ein natürlicher Geburtsprozess erschwert wurde und nicht stattfinden konnte. In dem Zeitraum hatte ich auch Schmerzen während der Kontraktionen, da ich mich vom Außen so habe ablenken lassen, Zettel unterschreiben musste usw. Aber als ich dann endlich allein war, konnte ich wieder jede Welle ganz still veratmen, bin im Flur spazieren gegangen, bei jeder neuen Welle blieb ich stehen und veratmete sie wieder ganz ruhig, tief in meinen Bauch hinein. Schmerzlos. Ich war so tiefenentspannt, konzentriert und habe nichts um mich herum wahrgenommen, außer mit meinem Körper und meiner Tochter verbunden zu sein und gemeinsam mit ihr die Geburtsarbeit zu meistern. Später setzte ich mich auf den Pezziball, legte meine Arme und meinen Kopf aufs Bett und schlief während der Wellen ein. Irgendwann nach 3 Stunden kam die Hebamme aus ihrem Raum zu mir und fragte, ob ich denn überhaupt „Wehen“ hätte, denn ich war die ganze Zeit so still. Für sie war diese Situation absolut ungewöhnlich und einmalig. In dem Moment merkte ich, wie der Kopf meiner Tochter schon ordentlich drückte, ich belächelte sie nur und nickte, da ich mich nicht wieder ablenken lassen wollte, stieg aufs Geburtsbett, nahm eine für mich passende Geburtsposition ein und schob bei der nächsten Welle den Kopf meiner Tochter mit in Richtung Ausgang. Ich kann mich noch genau an das Gefühl erinnern, welches ich in dem Augenblick hatte. Es war ein Gefühl von tiefer Dankbarkeit, dass ich den berühmten „Ring of fire“, den Zeitpunkt, an dem das Köpfchen des Kindes geboren wird, schmerzlos überstanden hatte. Es war so kraftvoll und positiv. Ein Druck, aber kein Schmerz. Ich streichelte ihren Kopf und atmete in den nächsten zwei Wellen wieder ganz langsam und diesmal ohne den Drang, mitschieben zu wollen und nahm sie mit meinen Händen selbst in Empfang und bestaunte ihre Schönheit. Fing an zu weinen. Die Hebamme gleich mit. Ich war so im Glücksrausch. Begrüßte sie, bestaunte ihre rosige Haut und ihre großen wunderschönen Augen, die mich aufmerksam ansahen, als wäre sie schon mehrere Wochen alt und dankte Gott für dieses wunderbare Kind und das einmalige Erlebnis. Es war der 04. Mai 2018, 03:50 Uhr. Wir legten uns zusammen hin, ich positionierte sie auf meinem Bauch und die innige Zeit des Bondings begann. Kurz danach wurde auch die Plazenta geboren und wir ließen sie mehrere Stunden auspulsieren, ehe wir sie durchtrennten. Ich ging noch am selben Tag nach Hause. Ich war zutiefst dankbar, dass ich dieses unvergessliche Ereignis erleben durfte. Diese 5-stündige Geburtsarbeit hat meine ganze Konzentration gefordert, es hat mich viel Energie und Mühe gekostet, aber ich war so stolz, dass ich mich getraut habe, unsere Tochter auf meine ganz eigene Weise zu gebären. Die Worte meiner lieben Hebamme werde ich nie vergessen: „Schön, auch mal so eine völlig interventionsfreie und natürliche Geburt miterleben zu dürfen. Ich möchte mein eigenes Kind irgendwann auch mal so auf die Welt bringen“. Und in dem Moment wusste ich, dass ich diese Geburtsgeschichte mit meiner Tochter nicht für mich alleine geschrieben habe und dieses Erlebnis irgendwann in die Welt tragen würde. Diese heilsame Erfahrung war ein wahrlicher Glücksmoment für mich. 17 Monate später gebar meine Hebamme auf dieselbe Weise ihr eigenes Kind. Friedlich, geborgen und selbstbestimmt.

Was ihr auch tut, das tut alles  zu Gottes Ehre!

1. Korinther 10:31